Ein passendes Thema für die Abschlussarbeit zu finden, mit dem Du Dich in den nächsten Monaten intensiv beschäftigen möchtest, ist gar nicht so leicht. Neben dem Thema, gilt es ja auch noch, die wissenschaftliche Fragestellung und den Titel der Abschlussarbeit festzulegen und eine passende Betreuung zu finden
Ich habe hier ein paar einfache Tipps zusammengestellt, die Dir helfen, ein Thema zu finden, dass Du erfolgreich bearbeiten kannst.
Warum ist es so schwer, ein Thema für die Abschlussarbeit zu finden?
Vielleicht hast Du schon einige Ideen, was Dich interessieren würde, aber noch keine Idee zur Eingrenzung. Oder Du bist unsicher, ob Dein Thema theoretisch oder praktisch relevant ist (Spoiler: Wenn es Dich brennend interessiert, hat es meistens auch irgendeine Relevanz). Vielleicht weißt Du auch nicht, welche Themen den fachlichen Anforderungen entsprechen – gerade in interdisziplinären Studiengängen (oder wenn Deine eigenen Interessen eher in Randbereichen des Studienfachs liegen), ist das oft schwer einzuschätzen.
Vielleicht hast Du auch schon ein Thema bei einer möglichen Betreuung vorgeschlagen und es wurde abgelehnt. Dafür kann es viele Gründe geben. Bitte nimm das nicht als Anlass, an Dir und Deinen Fähigkeiten zu zweifeln. Versuche herauszufinden, warum das Thema abgelehnt wurde und was wichtige Kriterien für Themenvorschläge sind. Vielleicht ist es schlicht zu weit weg von den eigenen Forschungsinteressen der Betreuung. Die Forschungsinteressen findest Du meistens auf der persönlichen Webseite der Person und die stimmen nicht immer mit den Lehrveranstaltungen überein, aus denen Du die Person vielleicht kennst.
Wenn ein Thema abgelehnt wurde, kann es auch sein (so komisch das klingt), dass es gar nicht am selbst Thema liegt. Manchmal wird (implizit) erwartet, dass ein Themenvorschlag schon recht spezifisch eingegrenzt und ein wenig ausgearbeitet ist. Und gerade wenn Deine Thema eher am Rand des Fachbereichs liegt, musst Du vielleicht den fachlichen Bezug deutlich herstellen, damit das Thema angenommen wird. Ich coache oft Studierende, deren erster Themenvorschlag abgelehnt wurde. Wir schauen dann, was die Gründe sein können und arbeiten dann gemeinsam einen neuen Vorschlag aus.
Manchmal ist auch gegen Ende des Studiums die Luft raus. Du weißt gar nicht, was Dich interessiert und willst das Ganze einfach endlich hinter Dich bringen. Dann ist es schwer vorstellbar, eine Thema zu finden, mit dem Du Dich in den nächsten Monaten intensiver beschäftigen möchtest. Aber keine Angst: Du musst nicht für Dein Thema brennen, um es gut bearbeiten zu können. Wenn Du tiefer einsteigst, hat fast jedes Thema auch spannende Aspekte (und jedes Herzensthema auch nervige Aspekte).
Es kann sogar Vorteile haben, das Ganze eher pragmatisch anzugehen. Bei jeder wissenschaftlichen Arbeit musst Du irgendwann inhaltliche oder methodische Abstriche machen, weil Du sonst niemals fertig wirst. Wenn Dir Dein Thema sehr stark am Herzen liegt, fällt das oft viel schwerer (ist aber nicht unmöglich).
In 9 Schritten das Thema für Deine Bachelor- oder Masterarbeit finden
Du brauchst einen Stift (optional 3 Stifte in verschiedenen Farben), ein großes Blatt Papier und 3 Kartei- oder Moderationskarten (einfach etwas dicker als normales Papier, so dass Du sie gut in die Hand nehmen kannst – normales Papier mehrmals falten geht auch)
Hier gibt es die Anleitung zur Themenfindung auch in Video-Form:
- Nimm Dir Zeit, erstmal alle Ideen und Möglichkeiten aufzuschreiben, die Du im Kopf hast. Die meisten Ideen kannst Du übrigens produzieren, wenn Du in einer positiven Grundstimmung bist. Also tu Dir vorher etwas Gutes, denke an eine schöne Erinnerung oder an eine Situation, in der Du Dich kompetent gefühlt oder Deine Stärken eingesetzt hast. Arbeite am besten handschriftlich auf einem großen Blatt Papier (Du kannst dazu auch mehrere Blätter aneinander kleben). Nimm Dir mindestens 15 Min. Zeit, wirklich alles aufzuschreiben – auch Ideen, die noch unfertig sind oder Dir blöd vorkommen. Sortieren kannst Du dann in den nächsten Schritten immer noch.
- Notiere, was Dir für Deine Abschlussarbeit besonders wichtig ist. Manchen Studierenden ist es z. B. wichtig, ein Herzensthema zu wählen, eine gute Note zu bekommen, in kurzer Zeit fertig zu werden, die Arbeit gut mit anderen Lebensbereichen vereinbaren zu können, sich mit dem Thema beruflich zu positionieren, auf Englisch zu schreiben, eine empirische Arbeit zu schreiben, Praxisrelevanz oder etwas ganz anderes. Wähle 3-5 Punkte aus, die für Dich persönlich wirklich essentiell sind und bringe sie in eine Rangfolge. Achte darauf, dass es wirklich Deine persönliche Liste ist – nicht die Liste, die Andere vielleicht von Dir erwarten würden.
- Schau Dir jetzt Deine Ideensammlung nochmal an. Gibt es Punkte, die Du schon aussortieren kannst, weil sie nicht zu Deinen unter 2. notierten Punkten passen? Die kannst Du dann schonmal durchstreichen. Wenn Du noch nichts durchstreichen magst, ist das auch ok.
- Mache eine Pause und lenke Dich mit anderen Tätigkeiten ab. So kann der unbewusste Teil Deines Gehirns in der Zwischenzeit weiter an Deiner Entscheidung arbeiten. Wenn es eine kurze Pause sein soll, laufe 2 Minuten durch die Wohnung und benenne Objekte falsch (z. B. Kugelschreiber zum Kühlschrank sagen). In der Bibliothek eher schwierig. Da vielleicht lieber kurz raus und um den Block laufen.
- Wenn Du nach der Pause wieder bereit bist, Dich bewusst mit Deiner Entscheidung zu beschäftigen, mach Dir nochmal kurz bewusst, was Dir besonders wichtig ist und wähle dann spontan Deine 3 Lieblingsideen aus. Schreibe sie auf Kartei- oder Moderationskarten. Du kannst auch 3 verschiedene Farben verwenden, wenn Du magst.
- Erstelle für Deine 3 Favoriten jeweils eine Liste mit den Vor- und Nachteilen. Wirklich alles, was Dir dazu einfällt. Auch Kleinigkeiten. Gibt es Fragen, die Du noch klären musst, um die Listen zu vervollständigen? Besorge Dir ggf. die relevanten Informationen und vervollständige die Listen.
- Es kommt nicht nur auf die Länge der jeweiligen Liste an, sondern auch auf die Bedeutung der einzelnen Punkte für Dich persönlich. Markiere diejenigen Vor- und Nachteile, die Dir besonders wichtig erscheinen.
- Jetzt darf der unbewusste Teil Deines Gehirns nochmal seine Arbeit tun. Schlafe am besten eine Nacht drüber oder lenke Dich mit anderen Dingen ab.
- Schau Dir Deine 3 Favoriten nochmal an (nein, nicht die Pro- und Kontralisten!!). Nimm die Karten in die Hand. Was sagt Dein Bauchgefühl? Vielleicht ist Deine Entscheidung schon klar. Dann herzlichen Glückwunsch zu Deiner Entscheidung. Wenn nicht: Vielleicht kannst Du eine der 3 Alternativen schon ausschließen? Dann musst Du Dich nur noch zwischen 2 Möglichkeiten entscheiden. Wahrscheinlich sind beide Alternativen gut geeignet, so dass es eigentlich nicht so wichtig ist, welche von beiden Du nimmst. Gibt es vielleicht eine Person, mit der Du noch sprechen möchtest, bevor Du Dich definitiv entscheidest? Wenn Dir die Entscheidung zwischen mehreren Alternativen schwer fällt, kannst Du auch den Zufall entscheiden lassen und z. B. eine Münze werfen. Wenn die Zufallsentscheidung doch die Falsche sein sollte, wird sich Dein Bauchgefühl schon melden.
Wie kann ich das Thema für meine Abschlussarbeit eingrenzen, wenn es zu breit ist?
- Population eingrenzen. Egal, ob Du Menschen, Gebäude, Maschinen oder etwas anderes beforschst – Du kannst z. B. auf berufstätige Eltern, Mehrfamilienhäuser in einer bestimmten Bauweise oder 3-D-Drucker eingrenzen.
- Konstrukt weiter eingrenzen. Wenn Du die Auswirkungen von Traumatisierung untersuchst, kannst Du z. B. noch die Art der traumatischen Erfahrungen einschränken (denn deren Auswirkungen können ja durchaus unterschiedlich sein), z. B. Verlusterfahrungen, physische Gewalt oder sexualisierte Gewalt.
- Kontext eingrenzen. Z. B. kann sich Deine Fragestellung auf einen bestimmten Zeitraum, einen geographischen Bereich, einen Kulturkreis oder eine Branche beziehen.
Wie groß muss die Forschungslücke für die Bachelor- oder Masterarbeit sein?
Die Forschungslücke muss gar nicht so groß sein, wie Du vielleicht denkst. Wie Du anhand der bisherigen Literatur eine Forschungslücke und ein Thema für Deine Abschlussarbeit findest, erkläre ich Dir in diesem Video
Zur Themenfindung gehört auch die Eingrenzung der Fragestellung
Wenn Du Dein Thema gefunden hast, ist es wichtig, auch noch eine (oder manchmal mehrere) wissenschaftliche Fragestellung zu spezifizieren. Das Thema ist nämlich immer noch zu allgemein, um auf dieser Basis eine gute wissenschaftliche Arbeit schreiben zu können. Die Fragestellung sorgt für den roten Faden, der sich durch Deine gesamte Arbeit zieht. Hier kannst Du Dir meine Checkliste für die Eingrenzung einer wissenschaftlichen Fragestellung herunterladen.
Kann ich in der Masterarbeit dasselbe Thema nehmen wie in der Bachelorarbeit?
Du bist in das Thema schon eingearbeitet und findest es nach wie vor interessant. Worum das also nicht nutzen? Darfst Du überhaupt nochmal zum selben Thema schreiben?
Ja. Grundsätzlich ist es möglich, die Masterarbeit zum selben oder zu einem ähnlichen Thema zu schreiben wie bei der Bachelorarbeit (solange Deine Betreuung einverstanden ist). Wichtig ist aber, dass Du eine andere Fragestellung wählst oder eine ähnliche Fragestellung zumindest mit einer anderen Methode untersuchst, damit es sich um eine eigenständige wissenschaftliche Arbeit handelt.
Beziehe Dich auf Deine vorherige Arbeit dann so, wie Du Dich auch auf eine andere Quelle beziehen würdest (mit Quellenangabe!). Es kann notwendig sein, die Ergebnisse der vorherigen Arbeit zusammenzufassen, wenn die aktuelle Arbeit darauf aufbaut. Einleitung und Theorieteil unterscheiden sich aber, weil Du beides ja nicht auf das grobe Thema, sondern auf die spezifische Fragestellung zuschneiden solltest.
Schau Dir dazu auch diesen Leitfaden (Pdf) für Einleitung, Literaturüberblick und Theorieteil an.
Fällt es Dir schwer, Dich für ein Thema zu entscheiden und daraus eine Fragestellung zu entwickeln?
Im Gespräch fällt das oft deutlich leichter. Tausche Dich mit Kommiliton*innen dazu aus oder nutze mein Coaching-Angebot. Die Fragestellung gemeinsam einzugrenzen schaffen wir in der Regel innerhalb einer Coaching-Stunde. Oder Du hast dann zwei Optionen, zu denen Du noch recherchierst und Dich dann entscheidest.
Passende Betreuung für Deine Abschlussarbeit finden
Wenn Du Dein Thema und eine mögliche Fragestellung gefunden hast, fragst Du Dich vielleicht, wer Dich am besten betreuen kann. Dabei können verschiedene Erwägungen eine Rolle spielen.
- Erfahrungen anderer Studierender: Gibt die Person hilfreiche konstruktive Rückmeldungen, mit denen man wirklich gut weiterarbeiten kann? Oder erscheint nach jedem Gespräch alles komplizierter? Ist die Person für Rückfragen erreichbar oder wartet man Wochen auf Antworten oder einen Termin? Sind die Bewertungskriterien transparent?
Manchmal hörst Du vielleicht, dass ein*e Gutachter*in besonders streng ist. Das muss dann so nicht immer stimmen. Vielleicht sind der Person bestimmte Punkte wichtig, die Du aber erfüllen kannst. - Thematische Nähe: Passt Dein Thema zu den Forschungsinteressen Deiner Betreuung. Die Forschungsinteressen findest Du in der Regel auf der persönlichen Webseite der Person und sie müssen nicht mit den angebotenen Lehrveranstaltungen übereinstimmen. Manche Betreuungspersonen sind auch offen für Themen außerhalb der eigenen Forschungsinteressen. Die Betreuung ist meist enger, wenn die Person selbst zu ähnlichen Themen arbeitet. Manchmal sind dann aber auch die Ansprüche etwas höher.
- Persönliche Passung: Fühlt sich die Kommunikation stimmig an? Hast Du Vertrauen zu der Person? Frage möglichst im ersten Gespräch oder auch schon vorher per Mail nach den Dingen, die Dir persönlich wichtig sind. So stellst Du schneller fest, ob es für Dich passt.
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